
Das Thema Entgelt beschäftigt die meisten von uns. Wie oft vergleichst du dich mit deinen Kollegen? Wie oft hast du schon mit dir gehadert, weil du der Meinung warst zu wenig zu verdienen?
Das im Januar in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (kurz: Lohntransparenzgesetz bzw. Entgelttransparenzgesetz) soll die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in Deutschland
verkleinern.
Arbeitnehmer erhalten dadurch einen Auskunftsanspruch. Sie können unter Berufung auf das Lohntransparenzgesetz erfahren, wie Kollegen des jeweils anderen Geschlechts in einer vergleichbaren Position vergütet werden.
Wer hat einen Auskunftsanspruch?
Einen Auskunftsanspruch haben nur Arbeitnehmer die in einem Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten beschäftigt sind. Der Auskunftsanspruch besteht auch nur dann, wenn es mindestens 6 Kollegen des jeweils anderen Geschlechts gibt, die als Vergleichsgruppe herangezogen werden können. Unternehmen mit über 500 Beschäftigten sind verpflichtet, ihre Gehaltsstrukturen proaktiv zu prüfen und entsprechend Bericht zu erstatten.
Wie stellst du deinen Antrag?
Wenn du in einem Unternehmen beschäftigt bist, was die oben genannten Voraussetzungen erfüllt und entsprechende Auskünfte erlangen möchtest, musst du einen schriftlichen Antrag einreichen.
In Unternehmen, die einen Betriebsrat haben, kann der Antrag anonym bei diesen gestellt werden. Andernfalls wird er direkt bei der Personalabteilung gestellt.
Der schriftliche Antrag, der per Schreiben oder Mail gestellt werden kann, muss folgende Inhalte enthalten:
„Unter Zugrundelegung meiner Arbeit, meiner Ausbildung, der Art der Arbeit und der Arbeitsbedingungen sehe ich folgende Tätigkeit als gleich beziehungsweise gleichwertig zu meiner Tätigkeit (Vergleichstätigkeit) an.
Die in Frage kommende Vergleichstätigkeit muss durch den Antragsteller benannt werden. Der Auskunftsanspruch besteht im Regelfall einmal im Zeitraum von zwei Jahren.
Wann kannst du mit einer Antwort rechnen und was kannst du erwarten?
Der Arbeitgeber hat nach Antragstellung drei Monate Zeit dir zu antworten. Solltest du in einem tarifgebundenen Unternehmen tätig sein, besteht keine Frist.
Du wirst durch das neue Entgelttransparenzgesetz nicht erfahren, wie ein bestimmter Kollege vergütet wird. Dein Arbeitgeber wird dir, sofern die Auskunftsvoraussetzungen erfüllt sind, nur das mittlere Bruttogehalt der geeigneten Vergleichsgruppe nennen.
Zusätzlich hast du Anspruch darauf, den Medianwert für zwei weitere Gehaltsbestandteile einzufordern. Das könnten beispielsweise Leistungs- und Erschwerniszulagen sein. Zudem kannst du erfragen, welche Kriterien und Verfahren zur Festlegung deines Gehaltes und dem deiner Kollegen herangezogen wurden.
Was sollest du noch wissen?
Die Frage, ob sich der Auskunftsanspruch in tarifgebundenen Unternehmen überhaupt zielführend ist, ist äußerst fraglich.
Die Vergütungsregeln in tariflich gebundenen Unternehmen sind für Männer und Frauen grundsätzlich gleich und entsprechend in Tariftabellen nachzulesen.
In nicht-tarifgebundenen Unternehmen ist die Vergütungsstruktur weitaus komplizierter. Generell sollte nicht vergessen werden, dass je mehr man sich in der Gehaltsstruktur im oberen Level befindet, die Vergleichspersonen entscheidend geringer werden und der Auskunftsanspruch damit entfällt.
Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen regelt zudem nicht, was als vergleichbare Tätigkeit zu werten ist. Heiko Leitz vom Bundesverband der Personalmanager stellt z.B. folgende Frage: „Ist die Arbeit einer Sacharbeiterin im Personal mit der eines Sacharbeiters in der Buchhaltung zu vergleichen? Da wird es extrem heikel“.
In der Praxis kann es schwierig werden einen Auskunftsanspruch durchzusetzen. Insbesondere dann, wenn die Komplexität der Position und des Aufgabengebietes zunimmt. Unternehmen befürchten außerdem, dass das Gesetz unter den Arbeitnehmern zu Unzufriedenheit und Missgunst führen könnte.
Der Arbeitgeber gibt keine Auskunft. Was passiert in diesem Fall?
Sofern innerhalb der festgelegten Frist keine Auskunft erteilt wird, muss der Arbeitgeber in einem eventuell durch den Arbeitnehmer anzustrebenden Gerichtsverfahren beweisen, dass keine Benachteiligung vorliegt.
Der Antrag des Arbeitnehmers kann arbeitgeberseitig aber auch abgelehnt werden, wenn dieser der Meinung ist, dass die vom Arbeitnehmer genannten Tätigkeiten als nicht gleichwertig anzusehen sind. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen bleiben abzuwarten.
Was tust du mit deiner Auskunft?
Sollte das Ergebnis Deines Auskunftsanspruchs zeigen, dass du im Vergleich schlechter entlohnt wirst, kannst du deinen Anspruch auf gleiches Entgelt gerichtlich einklagen. Basis dafür ist das Gleichbehandlungsgesetz.
Ein Gerichtsverfahren muss nicht der nächste Schritt sein. Du könntest die Information auch für deine nächste Gehaltsverhandlung nutzen oder dich an den Beriebs- oder Personalrat wenden.

Braucht es überhaupt ein solches Gesetz?
In anderen europäischen Ländern ist das Thema der Lohngerechtigkeit schon seit mehren Jahren an der Tagesordnung. Unternehmen lassen sich sogar gesondert zertifizieren, um diesen Vorteil zu Recruiting Zwecken zu nutzen.
Ganz klar, Lohn-Ungerechtigkeit ist ein nicht hinzunehmendes Thema. Das Geschlecht oder der „Nasenfaktor“ darf keine Rolle spielen! Dennoch sollte man nicht vergessen, dass Entlohnung auch ein Leistungsthema ist. Höherwertige Leistung sollte auch entsprechend vergütet werden.
Worin besteht deine
Verantwortung?
Stell dir vor, du erhältst die Auskunft, dass dein Gehalt unter dem Median der Vergleichsgruppe liegt. Was wird diese Information mit dir machen?
Mit Sicherheit wirst du nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. Wahrscheinlich wird deine Motivation sinken und dein Vertrauensverhältnis zu deinem Arbeitgeber wird entsprechend belastet sein. Zu Recht wird all dies geschehen.
Die Frage stellt sich jedoch, warum du überhaupt von Deinem Auskunftsanspruch Gebrauch machen möchtest.
Ich bin davon überzeugt, dass niemand aus reiner Neugier das Lohntransparenzgesetz in Anspruch nimmt. Gibt es da nicht schon seit geraumer Zeit eine latente Unzufriedenheit, eine Demotivation oder vielleicht sogar Enttäuschung gegenüber Deinem Arbeitgeber?
Glaubst du wirklich, dass die erlangte Auskunft dieses Thema lösen kann? Ich denke nicht!
Überlege dir, wieviel Lebenszeit du täglich bei deinem Arbeitgeber verbringst. Denk darüber nach, wie oft du dich vielleicht schon über dein Entgelt, eine Aufgabe, deine Kollegen, deinen Chef, deinen Arbeitsweg usw. geärgert hast. Vielleicht erschrickst du, wenn du diese Zeit monatlich zusammenrechnest. Was könntest du alles Tolles und Sinnvolles in dieser Zeit machen und wie wenig würde es dich belasten, wenn die Ärgernisse wegfallen würden?
Ist es nicht Zeit Verantwortung für dich zu übernehmen und dich zu verändern? Ist es nicht Zeit, deine Wertvorstellungen oder deine persönliche Einstellung zu überdenken? In jedem Fall liegt die Verantwortung bei dir selbst und niemanden sonst!
Du magst im Ernstfall eine vergleichbare Entlohnung vor einem Arbeitsgericht erstreiten können, aber mit Sicherheit würde dies dein Verhältnis zu deinem Arbeitgeber nicht positiv beeinflussen. Deine Motivation wäre dadurch nicht dauerhaft höher und irgendwann taucht auch deine Enttäuschung wieder auf.
Meine Empfehlung lautet: Verändere dich! Verändere entweder deinen Umgang mit deinen Ärgernissen oder dein berufliches Umfeld.
Starte durch und wenn dich Dein berufliches Umfeld negativ beeinflusst, suche dir eine Beschäftigung und einen Arbeitgeber, bei dem du dich gesehen und gewertschätzt fühlst.
Über die Autorin:
Kathleen Müller-Kalaß ist Inhaberin von Freigeist- Ihrer virtuellen Assistenz. Als virtuelle Assistentin ist sie u.a. im
Bereich Personalwesen, Arbeitnehmerservice, Text, Prozesse und Standards sowie im Bereich Büroservice tätig. Zuvor war sie in verschiedenen Fach- und Führungspositionen im Personalmanagement
renommierter Dienstleistungsunternehmen tätig.
Zu ihrem Aufgabenportfolio als VA gehört auch die professionelle Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Sie unterstützt Menschen in der Veränderungsphase bei der Suche geeigneter Stellenausschreibungen und dem Anfertigen passgenauer und individueller Bewerbungsunterlagen.
www.freigeist-virtuelle-assistenz.de
info@freigeist-virtuelle-assistenz.de